Der erste Termin

Nachdem Sie den ersten Besprechungstermin in der Kanzlei vereinbart haben, stellen sich regelmäßig weitere Fragen. Nachstehend möchte ich Ihnen einige Hinweise geben, um Ihnen unnötige Laufereien und Ärgernisse zu ersparen.

 

Klarstellung: Soweit im Weiteren die Begriffe „Mandant“ und „Auftraggeber“ verwendet werden, ist damit geschlechtsunabhängig jede Person gemeint, die mich als Anwalt bzw. meine Kanzlei kontaktiert, um mich mit der Erbringung anwaltlicher Rechtsdienstleistungen zu beauftragen.

 

Anwaltsvertrag:
Er kommt mit dem ersten Besprechungstermin zwischen dem Anwalt und dem Mandanten zustande. Der Anwalt ist aus diesem Vertrag zur Erbringung einer geschäftsbesorgenden Tätigkeit - regelmäßig nicht zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolges - verpflichtet. Der Mandant geht mit dem Vertragsabschluß die Verpflichtung zur Zahlung des Anwaltshonorars ein. Ausnahmen bestehen nur bei gewährter Beratungs- oder Prozeß-/Verfahrenskostenhilfe.

Beratungsgespräch:
Häufig kommt es zunächst nur zu einem Gespräch zwischen Mandant und Anwalt, in welchem die Sach- und Rechtslage besprochen wird und an dessen Ende ein (mündlich oder schriftlich) erteilter Rat des Anwaltes zum weiteren Vorgehen steht. Auch diese Beratung ist - unabhängig davon, ob der Anwalt bezüglich weiterer Schritte zu- oder abrät - eine vergütungspflichtige Tätigkeit. Nach dem Gesetz soll zwischen Mandant und Anwalt dafür eine Vereinbarung zur Höhe der Gebühren vorab getroffen werden.

Beratungshilfe:
Für die beratende und in Zivil-, Familien-, Arbeitsrechts- und Sozialsachen auch für die außergerichtliche Anwaltstätigkeit kann Beratungshilfe gewährt werden, wenn Sie bedürftig im Sinne des Gesetzes sind. Dies prüft das Amtsgericht, das für Ihren Wohnsitz zuständig ist, auf Ihren Antrag und an Hand der von Ihnen vorgelegten Unterlagen. Es empfiehlt sich also, daß Sie vor dem Besprechungstermin beim Anwalt, nach dem Amtsgericht zu fahren und den Beratungshilfeschein (bei mehreren Sachen oder mehreren bedürftigen Personen - z.B. mehrere Kinder wollen Unterhalt - bitte auch mehrere Scheine verlangen) gleich dort in Empfang zu nehmen.

Wird Ihnen der Beratungshilfeschein erteilt, müssen Sie nur Ihren Eigenanteil - natürlich gegen Quittung - in der Kanzlei zahlen. Die weitere Abrechnung der stark verminderten Vergütung erfolgt direkt zwischen Anwalt und Justizkasse.

Honorar (Vergütung):
Mit dem Abschluß des Anwaltsvertrages verpflichtet sich der Mandant, die dem Anwalt für dessen Tätigwerden gebührende Vergütung zu leisten. Auch das erste Gespräch ist honorarpflichtig und nicht kostenfrei!

Die Höhe des Honorars richtet sich grundsätzlich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) sowie dem darin enthaltenen Vergütungsverzeichnis. Es kommt hierbei im Wesentlichen nicht auf den Ausgang des Prozesses an.

Weder die Deckungszusage des Rechtsschutzversicherers noch eine gerichtliche Entscheidung, wonach die Gegenseite die Kosten des Prozesses zu tragen hat, ändert etwas daran, daß der Mandant als Auftraggeber des Anwaltes das Honorar zu begleichen hat. Ihm erwächst insoweit nur ein Anspruch gegen die Versicherung oder gegen den Gegner auf Erstattung verauslagter Kosten.

 

Der Anwalt hat das Recht, im Verlaufe des Mandates jederzeit einen angemessenen Vorschuß auf die bereits entstandenen und die voraussichtlich entstehenden Honorarforderungen in einer Kostenrechnung beim Mandanten anzufordern (§ 9 RVG).

Seit Juli 2008 ist es möglich, ein erfolgsabhängiges Honorar zu vereinbaren. Dieses wird aber in der Praxis auch weiterhin die Ausnahme bleiben, weil der Gesetzgeber hierfür recht enge Grenzen setzte. Weder für den Anwalt noch für den Mandanten besteht eine Pflicht zur Vereinbarung eines solchen Honorars. Kommt keine einvernehmliche Regelung zur Honorarhöhe zustande, greift weiter die gesetzliche Regelung (RVG).

Honorarvereinbarung bzw. Vergütungsvereinbarung:
Als Abweichung von der gesetzlichen Regelung kann in einem besonderen, schriftlichen Vertrag vereinbart werden, daß der Anwalt sein Honorar nach anderen Grundsätzen (z.B. nach getätigtem Zeitaufwand des Anwaltes oder nach Laufzeit des Mandates) bemißt. Vereinbarte Vergütungen sind in der Regel höher als die im RVG vorgesehenen Vergütungen, zumal eine Gebührenunterschreitung bei außergerichtlichen und gerichtlichen Rechtsdienstleistungen unzulässig wäre.

Ein erfolgsabhängiges Honorar zu vereinbaren, ist in der BR Deutschland seit 01.07.2008 in einigen, vom Gesetzgeber eng bemessenen Ausnahmefällen zulässig. Der Gesetzgeber wurde hierzu aktiv auf Grund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes.

Das Honorar für anwaltliche Beratungen, Gutachten und Mediation soll gemäß § 34 RVG in einer (schriftlichen) Vergütungsvereinbarung zwischen Mandant und Anwalt geregelt werden. Damit herrscht für den Mandanten von Anfang an Klarheit, mit welchen Kosten für die Beratung zu rechnen ist. Die bis 30.06.2006 gültigen, gesetzlichen Gebührensätze (0,1 bis 1,0 einer vollen Gebühr aus dem Streitwert) sind seither keine verbindliche Regelung mehr.

Kostenvoranschlag:
Auf der Grundlage Ihrer Angaben zum Sachverhalt wird Ihnen auf Ihre Nachfrage im ersten Termin in der Kanzlei selbstverständlich ein Überblick gegeben, welche Honorarforderungen voraussichtlich auf Sie zukommen können und mit welchen Gerichtskosten Sie etwa rechnen müssen, wenn die Sache z.B. erstinstanzlich beim Gericht anhängig wird. Soweit die Mitwirkung von Zeugen bzw. Sachverständigen im Prozeß nötig sein wird, können die dafür entstehenden Kosten lediglich auf Grund beruflicher Erfahrungen geschätzt werden.

Prozeß- oder Verfahrenskostenhilfe (PKH/VKH):
Für die gerichtliche Anwaltstätigkeit in Verfahren vor den Zivil-, Familien-, Arbeits-, Verwaltungs- und Sozialgerichten (nicht jedoch in Straf- und Bußgeldsachen) kann PKH/VKH nach dem Gesetz gewährt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung nach Ansicht des Gerichtes voraussichtliche Aussicht auf Erfolg bietet (das ist keine Erfolgsgarantie!) und nicht mutwillig erscheint. Eine bewilligte PKH/VKH umfaßt nicht die Kosten der gegnerischen Prozeßvertretung, die bei einem Unterliegen - außer im Verfahren vor dem Arbeitsgericht in der I. Instanz - zu tragen sind.

Auch hier findet eine Prüfung Ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse statt. Da die Prüfung in das Gerichtsverfahren eingebettet ist, erfolgt die Antragstellung über die Kanzlei. Sie müßten dazu ein amtliches Formular  ausfüllen und mit den entsprechenden Nachweisen (Einkommensbelege, Mietkosten usw.) als Kopien versehen. Das Gericht entscheidet über den Antrag. Wenn der Antrag nicht abgelehnt wird, kann das Gericht die PKH/VKH mit oder ohne Verpflichtung zur Ratenzahlung aussprechen.

Das amtliche Formular finden Sie auf:

https://fs.egov.sachsen.de/formserv/findform?shortname=smjus_avr_200&formtecid=2&areashortname=SMJus

https://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/Formular/Erklaerung_Verhaeltnisse_Prozess_oder_Verfahrenskostenhilfe.pdf?__blob=publicationFile&v=5

 

Für die Beantragung hat der Anwalt gegen den antragstellenden Mandanten Anspruch auf eine 1,0 Verfahrensgebühr aus dem Wert der Hauptsache nebst Auslagen (max. 20,00 €) und zzgl. der gesetzlichen Umsatzsteuer auf beides. Diese Kosten sind auf die Kosten der anwaltlichen Tätigkeit in dem Prozeß, für den PKH/VKH beantragt wird, anzurechnen (Nr. 3335 RVG-VV). Weitere Kosten können trotz PKH/VKH entstehen, wenn die Bewilligung zunächst vom Gericht abgelehnt und erst im Rahmen einer sofortigen Beschwerde doch bewilligt wird (§ 127 IV ZPO).

Im Übrigen erfolgt die Abrechnung der Kosten der ab einem Streitwert von 4.000,00 € erheblich hinter den "normalen" Vergütungssätzen zurückbleibenden Vergütung zwischen Kanzlei und Gericht/Justizkasse.

Rechtsschutzversicherung:
Falls Sie eine solche Versicherung abgeschlossen haben, sollten Sie unbedingt mit dem Versicherer Rücksprache nehmen, ob die Sache unter den vereinbarten Versicherungsschutz fällt. Die Versicherung wird dies prüfen und Sie entsprechend unterrichten. Ich empfehle Ihnen, diese Deckungszusage unbedingt vor dem ersten Gesprächstermin einzuholen, weil Sie nur so einigermaßen sicher sein können, daß Sie die geleisteten Gerichts- und Anwaltskosten von der Versicherung auch erstattet bekommen. An der Zahlpflicht des Mandanten im Verhältnis zum Anwalt ändert sich bei einer bestehenden Versicherung und vorliegender Deckungszusage, die nach der Rechtsprechung keine Zahlungsgarantie darstellen soll, nichts.

Wichtig: Nicht die Rechtschutzversicherung sondern Sie als Mandant haben das Recht, einen Anwalt frei auszuwählen. Das darf auch nicht mit Mehrkosten für Sie verbunden werden. Mit der gegenteiligen Ansicht sind die Versicherungen zuletzt regelmäßig in Gerichtsverfahren gescheitert.

Soll der Anwalt für Sie mit der Rechtsschutzversicherung korrespondieren, so ist diese zusätzliche Leistung nicht vom erteilten Mandat erfaßt und gesondert von Ihnen als Mandant zu vergüten. Diese Zusatzvergütung erstattet die Versicherung regelmäßig nicht.

Streitwert:
Außer in Straf- und Bußgeldsachen sowie einigen Verfahren des Sozialrechts richten sich die Anwaltsvergütungen und die Gerichtskosten regelmäßig nach dem Streitwert. Dieser wird vom zuständigen Gericht festgesetzt und ist für den Anwalt dann bindend. Soweit es nicht um einen in Geld bezifferten Zahlungsanspruch geht, gibt es z.B. im GKG, im GNotKG (bis 31.07.2013: KostO) und im FamGKG zahlreiche Sondervorschriften zur verbindlichen Wertermittlung. Bestehen keine ausreichenden rechtlichen und/oder tatsächlichen Anhaltspunkte für die Streitwertbemessung ist im Zweifel der Regelgegenstandswert der Berechnung zugrunde zu legen. Dieser Wert beträgt aktuell 5.000,00 €.

Unterlagen:
Wichtig ist, daß Sie zum Termin alle Unterlagen mitbringen, die etwas mit der Sache zu tun haben könnten. Das betrifft vor allem Schriftverkehr, den Sie bereits hierzu führten oder in Empfang nahmen,

 

Alle Betragsangaben sind aktualisiert aus Anlaß der Änderungen des RVG und anderer Kostenvorschriften, die seit 01.01.2021 geltendes Recht sind.